Tag 16: Familie Mittelmann | Anne-Frank-Shoah-Bibliothek

PAST

 

Die Familie Mittelmann betrieb in Leipzig ein Foto-Atelier. Abram Mittelmann und seine Frau Rosa, geb. Mordchin, stammten aus Russland. Über Paris kamen sie nach Leipzig, wo sie seit 1909 am Peterssteinweg 15 lebten und arbeiteten. Ihre drei Kinder wurden alle in Leipzig geboren.

Rosa Mittelmann starb bereits 1932. Der älteste Sohn Leon (Eugen) verließ Deutschland kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten Richtung Paris. Er war auch als Fotograf tätig.

Abram Mittelmann wurde ab 1935 mehrmals verhaftet und inhaftiert. Mit seiner Lebensgefährtin und späteren zweiten Ehefrau Alma Goliner versuchte er im Dezember 1938 illegal nach Dänemark einzureisen. Beide wurden aber im Januar 1939 direkt wieder nach Deutschland abgeschoben. Nach einer weiteren Inhaftierung gelang ihnen Ende Juni 1939 die Flucht nach Belgien. In der Nacht vom 3. auf den 4. September 1942, als vor ihrem Haus in Brüssel die Jüdinnen und Juden für die Deportation zusammengetrieben wurde, starb Abram Mittelmann. Alma Mittelmann wurde nach Auschwitz deportiert.

Tochter Nadia (Sophie Nadjeschda) gelang erst im Februar 1940 die illegale Einreise nach Belgien. Über die Sammellager Noé in Südfrankreich und Drancy nahe Paris wurde auch sie 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Sohn Siegfried Emanuel oblag die Auflösung des Fotogeschäfts in Leipzig, bis er im August 1939 die Stadt verließ. Nach mehreren Verstecken, Verhaftungen und Flucht schloss er sich 1944, bis zur Befreiung, dem französischen Widerstand an.

 

1987 wurde auf dem Dachboden über dem Foto-Atelier zufällig das „gläserne“ Fotoarchiv der Mittelmanns entdeckt. Der Leipziger Fotografin Gudrun Vogel ist dessen Sicherung zu verdanken. Im Rahmen der vielbeachteten Ausstellung „Juden in Leipzig“ konnte 1988 erstmals eine Auswahl von Porträtaufnahmen namenloser Leipziger Jüdinnen und Juden aus diesem Nachlass gezeigt werden. Die etwa 3.300 Fotos auf etwa 2.200 Glasplattennegativen befinden sich in privaten Händen und konnten daher bis heute weder konservatorisch gesichert noch historisch-wissenschaftlich aufgearbeitet oder der Öffentlichkeit sowie interessierten Nachfahren dauerhaft zugänglich gemacht werden. Dieses Fotoarchiv stellt eine einzigartige Quellendokumentation zur Leipziger Sozial- und Stadtgeschichte dar.

 

Siehe:  Website von Rechtsanwalt Dr. Hubert Lang, Mitherausgeber des Buches „Juden in Leipzig”

Stolperstein-Guide

 

 

PRESENT

 

Anne-Frank-Shoah-Bibliothek

Am Leipziger Standort des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek befindet sich die Anne-Frank-Shoah-Bibliothek. Sie stellt Medien zu den Themengebieten Holocaust und Shoah, Antisemitismus und Rassismus bereit. Zum Sammlungsschwerpunkt gehört unter anderem Literatur von und über die Namensgeberin der Bibliothek, Anne Frank, darunter auch zahlreiche fremdsprachige Ausgaben. Sie ist als Handbibliothek konzipiert und bietet in einem eigenen Lesesaal unmittelbar Zugriff auf gedruckte Medien wie Bücher und Zeitschriften sowie auf audiovisuelle Medien, Mikroformen oder Arbeitsmaterial für den Unterricht.

 

Webauftritt

 

Bild: Werbeanzeige der Mittelmanns in „Der Arbeiter-Fotograf“, Juli 1928 (II. Jahrgang, Nr. 11), © SLUB Dresden
Bild: Werbeanzeige der Mittelmanns in „Der Arbeiter-Fotograf“, Juli 1928 (II. Jahrgang, Nr. 11), © SLUB Dresden