Tag 18: Rolf und Joachim Kühn | Jüdische Woche

PAST/PRESENT

 

Rolf Kühn, geboren 1929 in Köln, ist Jazz-Klarinettist, Komponist und Bandleader. Joachim Kühn, geboren 1944 in Leipzig, ist Jazz-Pianist. Die Brüder gehören zu den profiliertesten und international erfolgreichsten, vielfach ausgezeichneten deutschen Jazz-Musikern. 

Ihre Eltern waren Kurt und Grete Kühn, geborene Moses. Sie hatten sich in Köln kennengelernt und 1929 geheiratet. Weil Kurt Kühn sich nicht von seiner jüdischen Ehefrau scheiden lassen wollte, wurde er – als Zirkus-Akrobat – aus der Reichstheaterkammer ausgeschlossen und musste schwere Zwangsarbeit bei der Organisation Todt leisten. Mutter Grete, deren Zigarrengeschäft in Leipzig in den Novemberpogromen 1938 zerstört wurde, entging nur knapp der Deportation.

Sohn Rolf wuchs in Leipzig-Lindenau auf und lernte ab 1937 Klavier. 1941 unterrichtete ihn Hans Berninger, Solo-Klarinettist des Gewandhausorchesters. Als sogenannter Halbjude durfte Rolf nicht die Musikhochschule besuchen und wurde deshalb heimlich von Privatlehrern unterrichtet. Im Alter von 16 Jahren spielte er Klavier in der Opernballettschule. 1946 wurde er Saxophonist und Klarinettist beim neu gegründeten Sender Leipzig des Mitteldeutschen Rundfunks. Als Solist spielte er unter Kurt Henkels im Rundfunk-Tanzorchester Leipzig, der führenden Bigband der SBZ, gemeinsam mit dem Startrompeter Horst „Hackl“ Fischer und dem Schlagzeuger und später bekannten Big-Band-Leiter Fips Fleischer.

1950 verließ Rolf Kühn die DDR in den Westen und wurde zunächst Saxofonist im RIAS-Tanzorchester. Von 1958 bis 1962 spielte er im Orchester von Benny Goodman, selbst Sohn eingewanderter osteuropäischer Juden. Er begegnete dem jungen Jazzmusiker von dem Moment an zugewandter, als er seine jüdische Mutter erwähnte, wie Rolf Kühn immer wieder erzählt.

Joachim Kühn folgte seinem Bruder 1966 in den Westen.  Er nutzte eine von Rolf organisierte Teilnahme an einem Klavier-Wettbewerb in Wien zur Flucht.

Joachim Kühn lebt heute in Paris und auf Ibiza, Rolf Kühn in Berlin. Auf ihren zahlreichen Veröffentlichungen sind sie sowohl einzeln als auch gemeinsam zu hören.

 

Siehe: Dokumentarfilm „Brüder Kühn – Zwei Musiker spielen sich frei“, Regie: Stephan Lamby, 2019.

Porträt von Rolf Kühn in der Jüdischen Allgemeinen, 2018.

Maxi Sickert: Clarinet Bird: Rolf Kühn – Jazzgespräche, 2009.

Joachim Kühn: Aus Leipzig in die Welt, in: R. Bratfisch (Hg.): Freie Töne. Die Jazzszene der DDR, Berlin, 2005.

 

 

PRESENT

 

Jüdische Woche Leipzig

Seit 1995 präsentiert die Jüdische Woche alle zwei Jahre die Vielfalt jüdischer Kultur mit rund 100 Veranstaltungen im ganzen Stadtgebiet. Veranstaltet wird sie vom Ariowitsch-Haus gemeinsam mit der Stadt Leipzig und unter Beteiligung von mehr als 60 Institutionen und Vereinen. 2021 fand sie zum 14. Mal mit rund 10.000 Besucherinnen und Besuchern bei über 100 analogen und digitalen Veranstaltungen statt.

 

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Bild: Rolf & Joachim Kühn Quartet: Impressions Of New York, LP, 1968, Gatefold
Bild: Rolf & Joachim Kühn Quartet: Impressions Of New York, LP, 1968, Gatefold