Tag 19: Felicia Schulsinger-Hart | Erich-Zeigner-Haus

PAST

 

Felicia Schulsinger-Hart (1903–1976) wurde in Lodz geboren und kam 1906 mit ihrer Familie nach Leipzig, wo ihr Vater, Hermann Schulsinger, Mitinhaber und Prokurist der Gummiwarenfabrik Hermann Wrück wurde. Felicia Schulsinger besuchte die höhere Schule und nahm direkt nach ihrem bestandenen Abitur 1923 ein Jurastudium an der Universität Leipzig auf, das sie 1926 mit der Ersten Staatsprüfung erfolgreich abschloss. Ihre polnische Staatsbürgerschaft verwehrte ihr jedoch die Aufnahme eines Referendariats. Sie war daher zunächst als juristische Hilfsarbeiterin bei einem Rechtsanwalt tätig. Mit ihrer Einbürgerung 1928 konnte sie endlich die Referendarausbildung am Amtsgericht in Brand-Erbisdorf (Osterzgebirge) beginnen. 1932 bestand sie das Zweite juristische Staatsexamen, wurde an der Juristenfakultät promoviert und erhielt die Zulassung als Rechtsanwältin beim Amtsgericht und beim Landgericht Leipzig. Gemeinsam mit ihrer Freundin Elisabeth Struckmann gründete sie eine Anwaltskanzlei. Felicia Schulsinger war die erste und einzige jüdische Anwältin in Leipzig.

1933 heiratete Felicia Schulsinger den Arzt Johannes Hart. Beide erhielten als Juden kurz darauf Berufsverbot, sodass sie sich noch im selben Jahr zur Emigration nach London entschlossen, wo 1934 auch ihr Sohn Herbert geboren wurde. Johannes Hart eröffnete 1936 eine eigene Arztpraxis. Felicia Hart konnte hingegen nicht wieder als Anwältin im Ausland arbeiten und übernahm die Patientenverwaltung in der Praxis ihres Mannes. Nach dessen frühen Tod 1954 fand sie eine Anstellung bei einer Anwaltskanzlei in London und beriet dort jüdische Mandanten in ihren Restitutionsansprüchen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland.  Sie selbst kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück und vermied auch den privaten Kontakt zu Deutschen. Zu tief war der Schmerz über die Ermordung ihrer Mutter 1942 und ihres Bruders Jakob 1944.

Felicia Hart starb 1976 in London.

 

Siehe: Steffen Held: „... weder vor noch hinter der Barriere“. Die Verdrängung von Frauen aus den juristischen Professionen im Nationalsozialismus am Beispiel Sachsens, in: Leipzig, Mitteldeutschland und Europa. Festgabe für Manfred Straube und Manfred Unger zum 70. Geburtstag. Herausgegeben von Helmut Zwahr, Uwe Schirmer, Henning Steinführer, Beucha 2000, Seiten 181–191.

Hubert Lang: Zwischen allen Stühlen. Juristen jüdischer Herkunft in Leipzig (1848–1953), Nürnberg 2014.

 

 

PRESENT

 

Erich-Zeigner-Haus e. V.

Der Erich-Zeigner-Haus e. V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich im Bereich der Erinnerungskultur engagiert und für Zivilcourage, Toleranz, Demokratie und Weltoffenheit einsetzt. Besonders kennzeichnend ist seine historisch-politische Bildungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen in Leipzig und Sachsen in Form von gedenkkulturellen Projekten (Stolpersteinprojekte, Stille-Helden-Projekte), Workshops (z. B. gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus) und Vortragsveranstaltungen. Das Erich-Zeigner-Haus selbst ist Museum sowie Bildungs- und Begegnungsstätte für gelebte Zivilcourage.

 

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Bild: Ausstellungstafel für Felicia Schulsinger-Hart © Deutscher Juristinnenbund, 2019
Bild: Ausstellungstafel für Felicia Schulsinger-Hart © Deutscher Juristinnenbund, 2019